Teil 11: Konzert-Höhepunkte aus dem Kloster Maulbronn 2008-2009
Die schönsten Konzert-Höhepunkte
aus dem Kloster Maulbronn 2008-2009
50 Jahre Klosterkonzerte Maulbronn
Jubiläums-Reihe, Teil 11
Höhepunkte aus:
Georg Friedrich Händel:
Israel in Egypt, HWV 54
(26. & 27. September 2009)
Dem Konzert "Musique baroque de Telemann" (16. Mai 2009):
Telemann: Konzert in D-Dur für Trompete, 2 Violinen & B.C. u. a.
Dem Konzert "Oper ohne Sänger" (6. Juni 2009):
Bizet: Carmen, WD 31 & Mozart: Don Giovanni, K. 527
Dem Konzert "Grand Piano Masters · Comme un jeux d'eau" (4. Juli 2009):
Bach: Französische Suite Nr. 5 · Schumann: Klaviersonate Nr. 2
Chopin: Fantasy-Impromptu, Op. 66 · Ravel: Jeux d'eau
Johann Sebastian Bach:
Messe in H-Moll, BWV 232
(27. & 28. September 2008)
Konzertmitschnitte aus dem UNESCO-Weltkulturerbe Kloster Maulbronn
HD-Aufnahmen · DDD · Spielzeit: ca. 113 Minuten
Digitales Album · 36 Tracks · incl. Booklet
S
eit nunmehr 20 Jahren dokumentieren wir die Konzerte im UNESCO Weltkulturerbe Kloster Maulbronn. Die seit 50 Jahren bestehende Konzertreihe bietet in vielfacher Hinsicht die idealen Voraussetzungen für unser Bestreben. Es ist wohl vor allem die Atmosphäre in den von romantischem Kerzenlicht erhellten Gewölben, der Zauber des Klosters in seiner unverfälschten sakralen Ausstrahlung und Ruhe, die in ihrer Wirkung auf Künstler und Publikum die Konzerte in unserer Edition Kloster Maulbronn prägen.
Neben vielen wundervollen Mitschnitten, die wir mittlerweile veröffentlicht haben, sind die Aufführungen der Oratorien von Georg Friedrich Händel eine Kostbarkeit innerhalb der Edition. Die größten Werke eines Komponisten als Aufführung, im gleichen Raum, mit der Handschrift eines Dirigenten und einer weitgehend identischen Besetzung von Chor, Solisten und Orchester produziert zu haben, dieser Rückblick lässt sich, angesichts der damit verbundenen Herausforderungen, für mich derzeit noch nicht in Worte fassen, zumal ein Ende der Reihe nicht absehbar ist. Mögen uns noch viele Aufzeichnungen gelingen.
Worin liegt jedoch die Fazination der Oratorien? "Alte Musik" geht oft mit falschen Klischees einher. Spannung, Kraft, Dramatik und Virtuosität sind nicht eben jene Begrifflichkeiten, die als Synonym für Werke des Genres gelten. Doch sind es gerade diese Faktoren, die uns bewogen haben die Oratorien für die Nachwelt festzuhalten, authentisch - als Konzert.
Georg Friedrich Händel wusste das Publikum in seinen Bann zu ziehen, es erschauern zu lassen - damals wie heute. Selbst Haydn erging es nicht anders. Lassen Sie mich auf eine Anekdote eingehen: Der Niedergang Jerichos im II. Akt des Oratoriums "Joshua" hat Händel zu einem seiner herrlichsten "Donnerchöre" veranlasst. Bei einer großen Aufführung 1791 in der Westminster Abbey war Haydn sehr beeindruckt. Es heisst, die Musik war ihm zwar vertraut, er sei sich jedoch ihrer Wirkkraft nur halb bewusst gewesen, ehe er sie zu hören bekam. Jedenfalls war Haydn überzeugt, dass nur ein Genie wie Händel jemals eine so überragende Komposition verfasst haben und in aller Zukunft verfassen könne...
Damals hatten die Menschen noch Zeit, waren keiner Reizüberflutung durch Medien und Internet ausgesetzt - und dennoch tat sich auch Haydn schwer, die wahre Größe und Kraft eines Oratoriums rechtens einzuschätzen. Diese Kraft, diese Dramatik ist die Idee, das Konzept unserer Retrospektive. Einen Querschnitt schaffen, eine Zwischenbilanz erstellen, um Ihnen damit die Welt der Oratorien Händels und der klassischen Musik näherzubringen.
Josef-Stefan Kindler, K&K Verlagsanstalt, Anno 2018
"Die verlegerische Leistung
von Josef-Stefan Kindler und Andreas Otto Grimminger
von der K&K Verlagsanstalt
ist mit ihrer Edition Kloster Maulbronn
kaum hoch genug zu würdigen..."
DIE RHEINPFALZ, Juni 2016
"Die CD-Edition beginnt mit einem Paukenschlag:
Die auch klangtechnisch hervorragend gelungene Einspielung
dokumentiert den hohen Rang der Maulbronner Klosterkonzerte
und liefert in der "Jephtha"-Diskografie
eine interessante und hörenswerte Variante..."
DIE RHEINPFALZ, 1998
H
ändel war nie in Maulbronn - und mit der mittelalterlichen Klosterwelt hat sein Schaffen im Grunde nichts zu tun. Doch seit gut zehn Jahren ist der Ort im Württembergischen, mit der einzig komplett erhaltenen mittelalterlichen Klosteranlage nördlich der Alpen, eine wichtige Pflegestätte der Händel'schen Oratorien. Dank der CD-Mitschnitte können Händel-Freunde aus aller Welt an den Händel-Konzerten aus dem Kloster Maulbronn, das seit 1994 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, teilhaben. Mittlerweile liegen Einspielungen von neun Oratorien vor.
Dirigiert werden sie von Kirchenmusikdirektor Jürgen Budday, der seit 1978 Lehrer für Musik am Evangelischen Seminar Maulbronn ist und auch für die Kirchenmusik an der Klosterkirche verantwortlich zeichnet. Seit dieser Zeit ist Budday im "Nebenamt" der künstlerische Leiter der 1968 ins Leben gerufenen Maulbronner Klosterkonzerte, in deren Rahmen die Händel-Konzerte stattfinden. Zumeist zu deren Abschluss im Herbst. Getragen werden die Konzerte vom Maulbronner Kammerchor, der 1983 gegründet wurde und in dem ausgebildete Sänger aus ganz Deutschland mitwirken. Den Kern bilden dabei Absolventen des Seminars Maulbronn. Mit dem aus Anlass einer Konzertreise in die USA gegründeten Maulbronner Kammerchor gastierte Jürgen Budday in ganz Europa, in den USA, Israel, in Südafrika und Namibia sowie bereits zweimal in Argentinien.
Mitgeschnitten und veröffentlicht werden die CDs mit den Maulbronner Händel-Aufführungen von der K&K Verlagsanstalt aus dem pfälzischen Landau, die in ihrer Edition Kloster Maulbronn auch andere Höhepunkte der Maulbronner Klosterkonzerte aufzeichnet und als CD veröffentlicht. Verleger Josef-Stefan Kindler war sofort von der Aura des Ortes in den Bann gezogen und so sehr vom Potential der künstlerischen Arbeit in Maulbronn überzeugt, dass er das Konzept der Edition Kloster Maulbronn entwickelte. Es war von Beginn an klar, dass die Mitschnitte der Konzerte in der Edition hohen künstlerischen Ansprüchen zu genügen hatten, da sie weit mehr sein sollten als bloße Dokumentation und Souvenirs. Vor allem die Händel-Aufführungen.
Wichtig war Jürgen Budday die historische Aufführungspraxis. Die Händel-Pflege soll in Maulbronn in einem konzeptionellen Zusammenhang stehen um so einen inhaltlich geschlossenen Zyklus aufzubauen. Daher standen und stehen die Maulbronner Aufführungen im Kontext von Reihen wie "Biblische Helden in Händels Oratorien", "Biblische Könige" oder "Biblische Feldherren". Mit "Jephtha" begann 1998 die Reihe der für die Edition mitgeschnittenen Aufführungen. 1999 erklang der "Samson". Nach einem Jahr Unterbrechung war 2001 "Judas Maccabäus" an der Reihe, 2002 der "Saul". 2003 folgte "Solomon", 2004 "Belshazzar". Die Jahre 2005 und 2006 standen im Zeichen des "Messiah", erst im Original, dann zum Mozart-Jahr in der Mozart-Fassung. 2007 war folgte "Joshua".
Alle Maulbronner Einspielungen werden von Tonmeister Andreas Grimminger von der K&K Verlagsanstalt betreut und klangtechnisch ganz vorzüglich realisiert. Er legt vor allem Wert darauf, so viel wie möglich von der ganz besonderen Aura der Konzerte zu vermitteln, was ausgezeichnet gelingt. Es ist in der Tat eine besonders dichte Stimmung bei den Händel-Konzerten in der altehrwürdigen Klosterkirche - und wiewohl Händels Oratorien fast alle für Aufführungen in säkularen Räumen komponiert wurden, finden sie in der Maulbronner Kirche einen sehr passenden Ort. Es ist kein Zufall, dass unter anderem deshalb auch die prominenten Solisten die Konzerte in Maulbronn sehr schätzen. Der Countertenor Michael Chance, der an mehreren Konzerten mitwirkte, hat gegenüber Jürgen Budday betont, dass der Auftritt in Maulbronn für ihn "a real highlight" in seinem Jahresprogramm, das Konzerte und Opernaufführungen an den ersten Häusern umfasst, sei.
Gleich zu Anfang der Reihe war mit Emma Kirkby ein "Weltstar" der Alten-Musik-Szene in Maulbronn aufgetreten. Neben Michael Chance kamen und kommen international gefragte Gesangssolisten wie Nancy Argenta, Stephen Varcoe, Markus Schäfer oder Marlies Petersen (kurz nach ihrem Festspielauftritt in Salzburg) nach Maulbronn. Aber auch junge Sängerinnen und Sänger mit Zukunft gestalten die Solopartien in den Oratorien Händels. So sang die Emma-Kirkby-Schülerin Miriam Allan in "Joshua" - und das nicht nur in der berühmten Arie "Oh! had I Jubal's lyre" - auf absolutem Weltklasseniveau.
Auch von dem jungen Countertenor David Allsopp, der in "Joshua" sang, wird man gewiss noch hören. Den Orchesterpart übernimmt seit einigen Jahren die Hannoversche Hofkapelle, ein hochkarätig besetztes Originalklang-Ensemble, das auch gerne nach Maulbronn kommt und mit dem die Zusammenarbeit nach den Worten von Jürgen Budday sehr produktiv ist.
Bieten die Händel-CDs bei den bekannten Werken eine spannende Alternative zu den Konkurrenzaufnahmen, gegenüber denen sie sich gut zu behaupten wissen, so haben sie etwa im Fall des "Joshua" nicht geringen Repertoirewert. Denn auch der Aufnahme unter Robert King mit seinem "King's Consort" gab es bis dato keine weitere anspruchsvolle Aufnahme des Werks entgegenzusetzen. Auch in der Mozartfassung des "Messias" auf Originalinstrumenten wird die Diskografie durch den Maulbronner Konzertmitschnitt wesentlich bereichert.
Außer dem erwähnten Robert King und Peter Neumann mit seinem Kölner Kammerchor hat kein Dirigent und hat kein Chor so konsequent und so viele Händel-Oratorien aufgenommen wie Jürgen Budday mit seinem Maulbronner Kammerchor.
Dr. Karl Georg Berg 2008,
Hausmitteilungen der Händelgesellschaft zu Halle e.V.
Israel in Egypt von Georg Friedrich Händel (1685-1759)
In England entstand die Gattung "Oratorium" erst zu Anfang des 18. Jahrhunderts. 1720 komponierte Georg Friedrich Händel "Esther und Haman und Mordecai" für den Herzog von Chandos. Noch im gleichen Jahr wurde das Werk in der Residenz des Herzogs aufgeführt - im "Großen Salon", was eine szenische Darstellung mit Kostümen und Handlung vermuten lässt. Weitere private Aufführungen folgten, und als in London eine nicht vom Komponisten autorisierte öffentliche Aufführung angekündigt wurde, gab Händel bekannt, dass er selbst das Werk im Haymarket Theatre herausbringen wolle. Da jedoch der Bischof von London Einspruch erhob, durfte zwar die Musik, nicht aber die theatralische Handlung gespielt werden. Aus diesem eher zufälligen Umstand heraus entstand das erste englischsprachige Oratorium - jene musikalische Gattung, mit der Händel größte Berühmtheit erlangen sollte. "Israel in Ägypten", das fünfte der neunzehn Oratorien, die Händel in England schrieb, entstand im Jahre 1738 in der Rekordzeit von ca. vier Wochen. Die Tinte auf den Notenblättern des "Saul" war kaum getrocknet, als Händel vier Tage später seine Arbeit an "Israel in Ägypten" aufnahm. Leider fand jedoch diese Komposition keine günstige Aufnahme beim Publikum, und so fügte er vier Arien für eine damals in London sehr populäre Sängerin ein. Als auch dies dem Werk nicht zu dem gewünschten Erfolg verhalf, legte er das Stück zunächst beiseite. 1756 plante Händel eine Wiederaufführung des "Israel in Ägypten" und bearbeitete sein Oratorium dafür gründlich. Er ersetzte den ersten Teil, der ursprünglich ein Begräbnis-Anthem für Königin Caroline gewesen war, durch eine gekürzte Fassung des ersten Aktes seines Oratoriums "Salomo". Da für "Israel in Ägypten" keine eigene Ouvertüre vorliegt, folgen daher einige Interpreten - und so auch Jürgen Budday - der Praxis, die Salomo-Ouvertüre dem Werk voranzustellen. Vergleicht man "Israel in Ägypten" mit früheren Oratorien, so stellt man fest, dass die Hauptpartie hier nicht in die Verantwortung eines oder mehrerer Solisten gegeben ist, sondern dem Chor übertragen wurde. Das Werk enthält nicht weniger als 28 doppel-chörige Abschnitte. Auch wurde "Israel in Ägypten" im Gegensatz zu seinen anderen Londoner Oratorien in zwei Teilen publiziert und fast ausschließlich aufgeführt, was sich mit der italienischen Praxis deckt. Das Libretto zu "Israel in Ägypten" wurde vermutlich auch von Händel selbst zusammengestellt, wobei er sich eventuell von Charles Jennens, dem Librettisten des "Messias", dabei beraten ließ. Die anglikanische Liturgie war Händel wohl sehr gut gekannt, denn die Texte, die er wählte, sind sowohl dem Alten Testament als auch der Gebetbuch-Fassung der Psalmen entnommen. Der erste Teil wird von einem Rezitativ eingeleitet, ein weiteres Rezitativ und eine Arie unterbrechen den Fluss des Chores, der alle übrigen Abschnitte bestreitet. In diesem Teil, "Exodus", wird der Auszug des Volkes Israel geschildert, das die Knechtschaft in Ägypten hinter sich lässt: die Plagen, mit denen Gott die Ägypter straft, werden klanglich höchst anschaulich dargestellt: das Sirren und Summen der Insekten, die "ägyptische Finsternis", Unwetter, der Tod der Erstgeborenen. Pastorale Weisen klingen an, wenn der Gott Israels wie ein guter Hirte sein auserwähltes Volk sicher durch das Rote Meer führt, und man hört es toben, wenn die Ägypter mit Ross und Reiter vernichtet werden... Der zweite Teil, "Moses Gesang", ist eine großangelegte Lob- und Siegeshymne. Verfolgung und Errettung werden noch einmal reflektiert und in sich immer weiter steigernder Begeisterung, in Lob und Preis für den Herrn, den Gott der Väter, besungen, bis sie endlich in den von der Seherin Miriam angeführten Schlusschor münden.
Diese Konzertaufnahme von "Israel in Egypt" ist Teil eines Zyklus von Oratorien und Messen, die Jürgen Budday im Rahmen der Klosterkonzerte Maulbronn über mehrere Jahre hinweg aufführt. Die Reihe verbindet Musik in historischer Aufführungspraxis mit dem akustisch und atmosphärisch optimal geeigneten Raum der einzigartigen Klosterkirche des Weltkulturerbes Kloster Maulbronn. Dieser Idealort verlangt geradezu nach der Durchsichtigkeit des Musizierens und der interpretatorischen Freilegung der rhetorischen Gestik der Komposition, wie sie durch die historische Aufführungspraxis in besonderer Weise gewährleistet ist. So wird ausschließlich mit rekonstruierten historischen Instrumenten musiziert, die in den zu Lebzeiten der Komponisten üblichen Tonhöhen gestimmt sind (in dieser Aufführung a' = 415 Hz).
Das Wolfgang Bauer Consort besteht aus befreundeten Musikern, die sich aus Freude am gemeinsamen Musizieren zusammenfinden. Das Ensemble widmet sich hauptsächlich der barocken Kammermusik. An der Spitze des Consorts steht der Trompeter Wolfgang Bauer. Er hatte seit seinem 20 Lebensjahr aufeinander folgende Verträge als Solo-Trompeter der Münchner Philharmoniker, des Radio-Sinfonie-Orchesters Frankfurt und im Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Daneben gewann Wolfgang Bauer u.a. den ARD-Wettbewerb in München und den Deutschen Musikwettbewerb. Seit 2000 ist er Professor an der Stuttgarter Musikhochschule. Als Solist konzertierte er mit namhaften Orchestern, wie dem Royal Philharmonic Orchestra London, dem Orchestre National de France, dem London Philharmonic Orchestra, der Dresdner Staatskapelle und vielen deutschen Orchestern, u.a. unter Leitung von L. Maazel, F. Luisi, L. Foster, D. Runnicles und I. Inbal. Uraufführungen, bzw. europäische und dt. Erstaufführungen von Frank Ticheli, Rodion Schtschedrin, Bernhard Krol, David Sawer, Wolfgang Rihm unterstreichen die instrumentalen Fähigkeiten dieses Künstlers, dessen Discographie zahlreiche Kammermusik- und Solo-CD-Einspielungen umfasst. Er rief das Barockensemble "Wolfgang Bauer Consort" ins Leben und ist Initiator des Blechbläserensembles "City Brass Stuttgart". 2009 wurde Wolfgang Bauer mit dem ECHO Klassik als "Instrumentalist des Jahres" ausgezeichnet. In dieser Aufführung zu hören ist Dietlind Mayer (Violine u.a. bei "il capriccio"), Ludwig Hampe (Vorspieler an der Viola im Frankfurter Opern- und Museumsorchester und gefragter Spezialist auf der Viola d´amore) und Petra Müllejans, eine der europaweit führenden Barockgeigerinnen. Sie ist Professorin an der Frankfurter Musikhochschule und Konzertmeisterin, musikalische Leiterin, Solistin und Kammermusikerin des Freiburger Barockorchesters. Einen Schwerpunkt ihrer Arbeit bildet außerdem solistisch besetzte Kammermusik des 17. und 18. Jahrhunderts, die sie mit dem "Freiburger Barock Consort" und dem Ensemble "The Age of Passions" zur Aufführung bringt. Die Holzbläsergruppe bildete Georg Siebert, Ingo Goritzki, Oboe, Prof. an der Stuttgarter Musikhochschule und Arie Hordijk, Fagott. Der Trompetensatz bestand neben Wolfgang Bauer aus Tobias Ziegler und Martin Maier (Stuttgarter Staatsoper) und wurde unterstützt an der Pauke von Gregor Daszko. Den Basso continuo, ohne den keine barocke Musik denkbar ist, bildeten Thomas Strauss am Cembalo und Clemens Weigel am Cello. Beide sind, neben ihrer sonstigen Tätigkeit als Kantor in Oppenau und Cellist im Gärtnerplatztheater in München, Spezialisten auf diesem Gebiet. Am Bass spielte Davide Vittone. Das Ensemble existiert seit 1994. In der Zwischenzeit wurde es u.a. zu Festivals wie dem Rheingau-Musik-Festival, dem Schleswig-Holstein-Festival und dem Kissinger Sommer eingeladen, ebenso zu Rundfunk- und Fernsehproduktionen des Hessischen Rundfunks und des NDR. Erschienen ist eine Live-CD des Wolfgang Bauer Consorts aus dem Kloster Maulbronn, dabei erklingt u.a. das 2.Brandenburgische Konzert von J. S. Bach. Im März 05 wurde bei der Edition See-Igel eine Kinder-CD mit dem Wolfgang Bauer Consort veröffentlicht. Diese Produktion wurde auf der hr2-Bestenliste im Juli 05 ausgezeichnet. Die schlanke Besetzung und die intensive Auseinandersetzung mit den Mitteln der historischen Aufführungspraxis und als Ergänzung eine Repertoireerweiterung durch zeitgenössische Werke haben dem Ensemble einen sicheren Platz im Musikleben zugesprochen. Es gelang Wolfgang Bauer, den Stuttgarter Komponisten Bernhard Krol so für das Ensemble zu begeistern, dass er ihm bereits zwei Kompositionen widmete, deren Uraufführungen in Wiesbaden und Ulm zu begeisterten Publikumserfolgen wurden.
Opern ohne Sänger - Ein kleiner Opern(ver)führer
"Opern könnten eine feine Sache sein", soll Gustav Mahler einmal in seiner Amtszeit als Wiener Operndirektor gemurmelt haben, "wenn da bloß nicht diese Sänger wären!" Was Mahler nur zu murmeln wagte, setzen wir in musikalische Wirklichkeit um: Oper ohne Sänger, mehr sogar: Gleich ZWEI Opern für den gleichen Preis - keinesfalls, um die Sänger zu verdrängen, sondern als Ergänzung und Bereicherung, dargeboten von einem Streicher-Bläser-Ensemble mit den Stilmitteln der klassischen "Harmoniemusik", verbunden mit meiner Erzählung der Handlung. "Harmoniemusik" ... als ich zum ersten Mal dieses Fachwort hörte, klang mir das höchst verdächtig nach ewigem C-Dur-Dreiklang, nach musikalischem Fast-Food und oder gar nach der harmonischsten aller Harmonien, dem Musikantenstadl. Aber das ist sie ganz und gar nicht . Im Gegenteil: Sie ist ein originales Kapitel lebendiger Musikgeschichte. Harmoniemusik ist ein einst sehr populärer und gerade wieder entdeckter Stil des 18. Jahrhunderts, damals, um erfolgreiche Opern dem Publikum auch außerhalb des Theaters zugänglich zu machen, denn es gab ja weder Radio noch CD. Weshalb man von erfolgreichen Werken eine Art "Best-of"- Bearbeitung für fünf bis acht Blasinstrumente machte, oft auch vom Komponisten selber durchgeführt. So berichtet zum Beispiel Mozart seinem Vater, dass er gerade bis über die Ohren damit zu tun hätte, die "Entführung aus dem Serail" für "die Harmonie" einzurichten, und zwar brandeilig, denn, so schreibt er, "sonst kommt mir einer bevor und hat anstatt meiner den Profit davon". Denn das Urheberrecht war damals eine Sache der Geschwindigkeit: Wer als erster die Noten fertig hatte, kassierte auch, und zwar nicht wenig, denn erst die Harmonie-Version war es, die eine Oper so richtig unters Volk brachte. Und durch die Blasinstrumente war für die nötige Mobilität gesorgt - man konnte damit von Salon zu Salon ziehen, und wenn nötig, auch in die Vorstadt-Kneipe. Nichts auf der Welt kann ein Opernhaus und seine Sänger ersetzen. Wer aber - Hand aufs Herz - versteht wirklich alle die Fein- und Bosheiten des italienischen Librettos von "Don Giovanni" oder der französischen Texte von "Carmen"? Und selbst wenn eine deutschsprachige Fassung geboten wird, was bei "Don Giovanni" fast einer Vergewaltigung gleich kommt, bleibt die Text- und Handlungsverständlichkeit in der gesungenen Fassung zwangsläufig außen vor. Weshalb die Harmonie-Version die große Chance bietet, sich zusätzlich zur Musik auch mal ganz ausführlich mit den Libretti zu befassen, zumal sie beide von großen Könnern stammen - "Don Giovanni" von Lorenzo da Ponte und "Carmen" auf der Grundlage eines Romans von dem Erfolgsduo Meilhac-Halevy, den Textdichtern der "Fledermaus". Die beiden Opern werden vom Arte-Ensemble in einer gemischten Streich-Bläser-Fassung geboten, die dem originalen Klang näher kommt als die reine Harmoniemusik. Sie bietet dem Opernkenner ein spannendes Zusatzerlebnis: Manche Arie, vor allem aber die Duette und Terzette hören wir auf einmal so viel durchsichtiger und klarer. Zusammen mit meiner Erzählung verspreche ich Ihnen einen spannenden Abend... auch wenn ich weiß, dass es unschicklich ist, sich selber zu loben. Aber ich schwöre Ihnen: Gustav Mahler hätte bestimmt seinen Spaß daran.
Herbert Feuerstein
Grand Piano Masters · Comme un jeux d'eau
Werte Freunde audiophiler Musik. Der große Konzertflügel ist unbestritten der König unter den Instrumenten. Ich könnte jetzt auf seine unvergleichliche Dynamik, den zartesten Klang im leisen Moll bis hin zum mächtigen Anschlag im Fortissimo eingehen oder von seiner beeindruckenden Grösse und Eleganz schwärmen. Doch wirklich faszinierend ist die Individualität, denn jedes Instrument ist ein Unikat - von Meisterhand geschaffen. Es hat ein Eigenleben, auf das sich der Virtuose einlässt und so das Werk des Komponisten zum Leben erweckt. In unserer Reihe "Grand Piano Masters" gehen wir auf den Charakter, auf die Seele des grossen Konzertflügels ein und erleben während der Aufführung den Dialog zwischen Instrument, Virtuose und Raum. Sie hören auf dieser CD den ersten Live-Mitschnitt eines Solokonzertes mit dieser jungen Ausnahmekünstlerin Magdalena Müllerperth.
Josef-Stefan Kindler, K&K Verlagsanstalt
Die Messe in H-Moll, BWV 232, von Johann Sebastian Bach (1685-1750)
Die h-Moll-Messe Johann Sebastian Bachs ist eine Ordinariumsmesse, welche die fünf gottesdienstlichen Hauptstücke des Chores bzw. der Gemeinde mit stets gleich bleibendem Wortlaut enthält. Es sind dies KYRIE, GLORIA, CREDO, SANCTUS mit OSANNA und BENEDICTUS sowie AGNUS DEI. Da in der evangelischen Kirchenmusik die Kurzmessen, bestehend aus Kyrie und Gloria, eine weitaus größere Bedeutung als die vollständigen haben, bürgerte sich hier statt des Begriffes "Missa brevis" lediglich die Bezeichnung "Missa" ein. Diese verwendet auch Bach für das Kyrie und Gloria der h-Moll-Messe. Deren Widmung vom 27. Juli 1733 an den Kurfürsten August den 11. von Sachsen verband Bach mit dem Gesuch um den Titel eines Hofkompositeurs, den er dann nach einem weiteren Schreiben an diesen 1736 erhielt. Die Chronologieforschungen von Alfred Dürr, Georg von Dadelsen und in jüngster Zeit von Joshua Rifkin datieren Komposition und Aufführung des Sanctus bereits in das Jahr 1724. Die übrigen Teile, "Credo" bis "Dona nobis pacem", entstanden erst in Bachs letzten Lebensjahren, etwa 1747-49. Bach vereinte damals die Missa von 1733, von der eine Aufführung durch ihn selbst nur vermutet wird, mit dem Symbolum Nicenum"(Credo)", trug das Sanctus, das er an Weihnachten 1724 aufgeführt hatte, in die Partitur ein und fügte als vierten Teil "Osanna", "Benedictus", "Agnus Die" und "Dons nobis pacem" hinzu, wobei die fehlenden Messeteile neu komponiert werden mussten. Zu diesem Zweck griff er auf frühere geistliche und weltliche Kantaten zurück und formte sie in Messesätze um. So sind die neu geschaffenen Sätze, nämlich "Credo in unum Deum", "Et in unum Dominum", "Et incarnatus est", "Et in spiritum sanctum" und "Confiteor" mit aller Wahrscheinlichkeit Bachs letzte Kompositionen geistlicher Texte. Im Gegensatz zu den anderen Oratorien, den Kantaten und Passionen, die für von Bach selbst geleiteten Aufführungen komponiert wurden, entstand die h-Moll-Messe ohne den konkreten Anlass einer Aufführung. Bach fasst in diesem Werk mit souveräner Meisterschaft die Stilrichtungen vor ihm gewesener und der ihn umgebenden geistlichen und weltlichen Musik zusammen und nimmt Stellung zu den Grundfragen christlichen Glaubens. Von der objektivierenden Deutung des Credo über das grüblerische "Et exspecto ressurectionem mortuorum bis zum enthusiastischen Jubel des "Cum sancto spiritu" reicht die Weite und Tiefe seines Begreifens. Lange nach Bachs Tod, im Jahre 1786 fand die Erstaufführung des "Symbolum Nicenum" (Credo), das Bach selbst wohl nie gehört hat, unter der Leitung seines Sohnes Carl Philipp Emanuel Bach in Hamburg statt. 1835 erfolgte dann die erste Gesamtaufführung der H-Moll-Messe durch die Berliner Singakademie unter der Leitung von Carl Friedrich Rungenhagen. Die Komposition des KYRIE 1 beginnt Bach mit einer akkordischen Adagio-Einleitung, einem Aufschrei von höchster innerer Spannung. Damit setzt er eine Überschrift nicht nur über das Kyrie, sondern über die ganze Messe. Erst die folgende Kyrie-Fuge legt er, wie die anderen Einleitungssätze seiner Oratorien und Kantaten, auf eine allmähliche Entwicklung an. Die "sprechende Spielweise" der Barockzeit, welche die Musik als eine "Rede in Tönen" verstand, ermöglichte es, vokale Partien instrumental einzuleiten. So wird auch das Thema des Kyrie zuerst instrumental exponiert, bevor es von den Singstimmen aufgenommen wird. In dem Fugenthema des "Kyrie eleison" wird zum ersten mal in dieser Messe chromatisches Material mit dem ihm eigenen Ausdruckswert eingesetzt. Wie in der musikalischen Rethorik des Barocks gehört auch hier zur Figur der "Exclamatio" (Ausruf), das stufenweise Ansteigen, die "Gradatio". Bei den immer wieder vorkommenden, durch Achtelpausen unterbrochenen Zwischenspielfiguren handelt es sich um die "Suspiratio" (Seufzerfigur), eines der Grundsymbole Bachscher Tonsprache, das den Charakter des Kyrie 1 wesentlich mitbestimmt. Das "Christe eleison", ein Duett für zwei Soprane (im heutigen Konzert mit Sopran und Alt besetzt) mit zweistimmigem Instrumentalsatz (Violinen und Basso continuo) verweist auf Christus, die zweit Person der Trinität. Der häufige Wechsel von Terz- und Sextparallelen zu imitierender Selbständigkeit symbolisiert Einheit und zugleich Verschiedenheit der göttlichen Person. Um eine Hinweis auf das gemeinsame überkonfessionelle Erbe zu geben, schreibt Bach im "Kyrie 11" einen motettischen Satz im alten Kirchenstil (Palestrinastil oder stile antico), wobei die Instrumente colla parte mit dem Chor geführt sind. Wesentliches Kennzeichen sind die nach oben und unten ausweichenden Halbtonschritte und die Kreuzesfigur im Kopf des Fugenthemas. Diese und zahlreiche chromatische Durchgänge unterstreichen den Charakter des Textes als Bittruf. Der Text des Gloria-Teiles, der sich aus der Weihnachtsgeschichte (Lukas 2, Vers 14) und dem "Laudamus", einem altkirchlichen Hymnus zusammensetzt, teilt Bach in acht Sätze auf. Als Kontrast zum "Kyrie II" setzt er im Gloria in excelsis Deo" die volle Orchesterbesetzung mit Trompeten und Pauken ein, tauscht die dunkel klingenden Oboi d'amore gegen die normalen Oboen aus und nutzt dabei die konzertante Technik mit deutlich virtuoser Komponente. Dieser Satz stellt eine Art "Himmelskonzert" (W. Blankenburg) dar. Die Dur-Dreiklänge und der Dreiachteltakt (tempus perfectum) verweisen dabei auf die Trinität; ein Symbol, das man in der h-Moll-Messe häufig findet. Nach den letzten Takten des Gloria, in denen der Sopran in extrem hohe Lagen geführt wird, folgt mit dem "et in terra pax" (Friede auf Erden) der größtmögliche Gegensatz: tiefe Lage von D-Dur in die Unterdominante G-Dur, Pausieren der Trompeten und Pauken und Taktwechsel in den ruhigeren Viervierteltakt (tempus imperfectum). Der Chor, hier nur vom Generalbass begleitet, leitet diesen mit den Worten "et in terra pax" (und Friede auf Erden) ein. (Deren Tonfolge hatte übrigens Radio Bremen als Pausenzeichen gewählt!) Mit dem vollständigen Wortlaut dieses Textes setzt nun eine Fuge ein, die zur Grundtonart D-Dur zurückführt und in der sich mit dem letzten Einsatz des Fugenthemas durch die erste Trompete "göttliche und menschliche Welt vereinigen" (W. Blankenburg). Das "Laudamus te" vertont Bach in einem dem Concerto grosso ähnlichen Satz, in dem Solo-Violine und Solo-Sopran II (im heutigen Konzert durch Alt ersetzt) in subtiler Weise den Lobpreis des Textes deuten. Der Chorsatz "Gratias agimus tibi", als vierstimmiger motettischer Satz komponiert, basiert auf der Ratswechselkantate "Wir danken dir, Gott" (BWV 29). Der Lobpreischarakter wird hier durch die Erweiterung zur Siebenstimmigkeit durch den späteren Einsatz der Trompeten und Pauken unterstrichen. Im Mittelpunkt der Sätze "Domine Deus", "Qui tollis peccata" und "Qui sedes" steht die Anruf des "Agnus Die" (Lamm Gottes). Das Duettt "Domine Deus" ist wie bereits das "Christe eleison" und das "Et in unum Dominum Jesum Christum" im Credo, von der musikalisch-symbolischen Darstellung von Gott Vater und Gott Sohn bestimmt. Die Solo-Flöte wird von den Violinen und Viola "con sordino" (mit Dämpfern) und von den Bässen "pizzicato" (gezupft) begleitet. Der zentrale Mittelsatz "Qui tollis" drückt die Bitte um Erbarmen durch den expressiven Charakter des Chores, der hier durch das Fehlen des Sopran 1 eine dunklere Klangfarbe erhält, und die Führung der beiden Flöten aus. Die Verhaltenheit des "Qui tollis" wirkt weiter in der folgenden Arie "Qui sedes". Solo-Alt und Oboe d'amore werden hier von den Streichern begleitet. Die beiden den Gloria-Teil abschließenden Sätze "Quoniam tu solus sanctus" und "Cum sancto spiritu" bilden textlich und auch musikalisch eine Einheit. Die ganz ungewöhnlich instrumentierte Bass-Arie mit Corno da caccia (Jagdhorn), zwei obligaten Fagotten und Generalbass symbolisiert die göttliche Majestät Christi. Das Hornthema it durch seine Symmetrie (vorwärts und rückwärts gelesen ergibt sich dieselbe Tonfolge) und den Oktavsprung Sinnbild für die allumfassende Totalität Gottes. Das direkt anschließende "Cum sancto spiritu" entspricht dem einleitenden "Gloria in excelsis Deo", übertrifft dieses aber in der konzentrierten Nutzung aller Gruppen des Ensembles und in dem spielerischen Umgang mit kontrapunktischer Satztechnik. Besonders ausgeprägt ist im "Symbolum Nicenum", dem Credo, die musikalische Gliederung nach architektonisch-symmetrischen Prinzipien. Das Zentrum bilden die drei Chorsätze, die sich auf Christus beziehen: "Et incarnatus est", "Crucifixus", "Et ressurexit". Dieses wird umgeben von zwei solistischen Sätzen, Dem Duett "Et in unum Dominum" und der Arie "Et in spiritum sanctum". Den Rahmen bilden jeweils ein Chorpaar, in dem auf einen quasi A-capella-Chorsatz ein Tuttichor folgt: ""Credo in unum Deum" - "Patrem omnipotentem" sowie "Confiteor" - "Et expecto". Eine wichtige Rolle spielt hier die Sieben als Symbol der göttlichen Vollkommenheit: siebenstimmiger Satz (fünf Vokalstimmen und zwei Violinen über einem Andante-Ostinatobass) im "Credo in unum Deum" über eine gregorianische Credo-Intonation. Die Menschwerdung Christi am Beginn des Mittelteiles wird unterstrichen durch abfallende Dreiklangfiguren der Violinen im "Et incarnatus". Mit diesen Figuren, welche den "Chiasmus" (Kreuzesfigur) enthalten, weist Bach bereits bei der Geburt Christi auf dessen Kreuzigung hin. Der zentrale Satz des Credo ist der Klagechor des "Crucifixus" mit der Chaconne, einer Folge von Variationen über das Thema des chromatisch absteigenden Lamento-Basses. Das daran unmittelbar anschließende "Et resurrexit" bildet mit der einleitenden Devise auf einem D-Dur Dreiklang und in voller Orchesterbesetzung den größtmöglichen Gegensatz. Hingewiesen sei noch auf das "et exspecto", in dem Bach in dichtester Folge von Modulationen den gesamten Quintenzirkel durchschreitet, um so die totale Verwandlung des Menschen durch die Auferstehung deutlich zu machen. Ebenso verfährt Johannes Brahms in seinem 1861/68 entstandenen "Deutschen Requiem" (op. 45) an der Textstele "Wir werden alle Verwandelt" im 6. Teil. Auf demselben Text (et expecto...) beendet Bach den Credo-Teil, in dem er den Jubel über die Auferstehung mit allen zur Verfügung stehenden Kräften ausbrechen lässt. Die Symbolik im Sanctus lässt sich durch die Anspielung auf die Jesaja-Vision erklären. Es heißt dort: "Des Jahres, da der König Usia starb, sah ich den Herrn sitzen auf einem hohen und erhabenen Stuhl und sein Saum füllte den Tempel. Seraphim standen über ihm, ein jeglicher hatte sechs Flügel. Mit zweien deckten sie ihr Antlitz, mit zweien deckten sie ihre Füße und mit zweien flogen sie. Und einer rief zum andern und sprach: " Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth, aller Lande sind seiner Ehre voll!" (Jesaja 6, Vers 1 - 4). Schon die Besetzung zeichnet dieses Bild nach, da sich sechs gleichwertige Klanggruppen ergeben: drei Trompeten, drei Oboen, drei Streicher (Violine 1 u. 2, Viola), sechsstimmiger Vokalchor, aufgeteilt in zwei dreistimmige Chöre, sowie Basso continuo. Dieser, zumeist mit dem Singbass zusammengeführt, verdient noch besondere Beachtung, da er zu den ersten Takten genau gleichzeitig mit den Trompeten, Pauken und Oboen sowie nit dem tieferen Halbchor sein erstes Dreimalheilig in Form von drei Oktavsprüngen auf dem Grundton D bringt; das ist wiederum nichts anderes als ein Bild der Totalität Gottes. Der Satz ist in zwei große Teile gegliedert. Der erste wiederholt in stetiger Triolenbewegung und im wechselseitigem Dialog zwischen hohen und tiefen Chorstimmen den ersten Textabschnitt, während der Vokal- und Instrumentalbass in Oktavsprüngen fortschreitet. Der zweite Teil schließt mit Taktwechsel die zweite Texthälfte ("Pleni sunt coeli") an: zunächst in einer A-cappella-Chorfuge, dann in breiter Tuttiverarbeitung des Fugenthemas. Für die Wahl eines weltlichen Chorsatzes ("Preise dein Glücke, gesegnetes Sachsen", BWV 215) zur Umarbeitung für das "Osanna in excelsis" spielt die Tatsache, daß in der Barockzeit Herrscherlob und Gotteslob eng miteinander verbunden waren, eine wichtige Rolle. Mit ausschlaggebend war aber auch die Ähnlichkeit mit dem zweiten Thema im vorausgegangenen "Pleni sunt coeli", dessen Gestalt genau mit dem Thema des oben erwähnten weltlichen Chorsatzes entspricht. Durch seine Doppelchörigkeit (zwei vierstimmige Vokalchöre) mit voller Orchesterbesetzung ist das "Osanna" der vielstimmigste Satz der gesamten Messe. Nach der Klangentfaltung in diesem Satz ist das dreistimmige "Benedictus" (Tenor, Traversflöte und Generalbass) von meditativer Verhaltenheit bestimmt. Die Alt-Arie "Agnus Dei", eine Parodie aus dem Himmelfahrtsoratorium (BWV 11), steht mit ihrem g-Moll außerhalb des Tonartenkreises der h-Moll-Messe. Die instrumentale Einleitung, in der der "Passus duriusculus" (harter Schritt) und der "saltus duriusculus (harter Sprung) häufig vorkommen, verweist auf das Kyrie und unterstreicht den flehenden Charakter dieses Satzes. Mit dem abschließenden "Dona nobis pacem" greift Bach auf das "Gratias agimus tibi" im Gloria zurück, um damit die Einheit der ganzen Messe zu bestätigen. Als Abschluß dieses groß dimensionierten Werkes drückt dieser Satz mit voller Orchesterbesetzung gleichzeitig die Bitte um Frieden und die lobpreisende Verherrlichung Gottes aus.
Uli Kiefner
Diese Konzertaufnahme der H-Moll-Messe ist Teil eines Zyklus von Oratorien und Messen, die Jürgen Budday im Rahmen der Klosterkonzerte Maulbronn über mehrere Jahre hinweg aufführt. Die Reihe verbindet Musik in historischer Aufführungspraxis mit dem akustisch und atmosphärisch optimal geeigneten Raum der einzigartigen Klosterkirche des Weltkulturerbes Kloster Maulbronn. Dieser Idealort verlangt geradezu nach der Durchsichtigkeit des Musizierens und der interpretatorischen Freilegung der rhetorischen Gestik der Komposition, wie sie durch die historische Aufführungspraxis in besonderer Weise gewährleistet ist. So wird ausschließlich mit rekonstruierten historischen Instrumenten musiziert, die in den zu Lebzeiten der Komponisten üblichen Tonhöhen gestimmt sind (in dieser Aufführung a' = 415 Hz).
A
uthentic Classical Concerts zu veröffentlichen, heisst für uns, herausragende Aufführungen und Konzerte für die Nachwelt festzuhalten und zu vermitteln. Denn Künstler, Publikum, Werk und Raum treten in einen intimen Dialog, der in Form und Ausdruck - in seiner Atmosphäre - einmalig und unwiederbringlich ist. Diese Symbiose, die Spannung der Aufführung dem Hörer in all ihren Facetten möglichst intensiv erlebbar zu machen, indem wir die Konzerte direkt in Stereo-Digital-HD aufzeichnen, sehen wir als Ziel, als Philosophie unseres Hauses. Das Ergebnis sind einzigartige Interpretationen von musikalischen und literarischen Werken, schlichtweg - audiophile Momentaufnahmen von bleibendem Wert. Blühende Kultur, dem Publikum vor Ort und nicht zuletzt auch Ihnen zur Freude, sind somit jene Werte, welche wir in unseren Editionen und Reihen dokumentieren.
Die Konzerte im UNESCO-Weltkulturerbe Kloster Maulbronn, bieten in vielfacher Hinsicht die idealen Voraussetzungen für unser Bestreben. Es ist wohl vor allem die Atmosphäre in den von romantischem Kerzenlicht erhellten Gewölben, der Zauber des Klosters in seiner unverfälschten sakralen Ausstrahlung und Ruhe, die in ihrer Wirkung auf Künstler und Publikum diese Konzerte prägen. Renommierte Solisten und Ensembles der großen internationalen Bühnen sind gerne und vor allem immer wieder hier zu Gast - genießen es in der akustisch und architektonisch vollendeten Schönheit des Weltkulturerbes in exquisiten Aufführungen weltliche und sakrale Werke darzubieten, die wir in unserer Edition Kloster Maulbronn dokumentieren.
Andreas Otto Grimminger & Josef-Stefan Kindler, K&K Verlagsanstalt
Georg Friedrich Händel (1685-1759):
Israel in Egypt
Gesamtaufnahme des Oratoriums HWV 54 in der Fassung von 1739
in englischer Sprache und historischer Aufführungspraxis,
aufgeführt vom Maulbronner Kammerchor
und der Hannoverschen Hofkapelle
unter der Leitung von Jürgen Budday
am 26. & 27. September 2009
Libretto: Charles Jennens (1700-1773) & Georg Friedrich Händel (1685-1759) zugeschrieben
1. Teil I: He spake the word [2:15]
Chor
2. Teil I: But as for his people [4:34]
Chor
3. Teil II: Duett: Thou in Thy mercy hast led forth Thy people [4:34]
Duett · Solisten: David Allsopp (Countertenor) & Benjamin Hulett (Tenor)
4. Teil II: The people shall hear and be afraid [6:52]
Chor
5. Teil II: The Lord shall reign for ever and ever! [0:40]
Chor
6. Teil II: Sing ye to the Lord - The Lord shall reign for ever and ever [3:14]
Sopran & Chor · Solistin: Miriam Allan (Sopran)
Auszüge aus dem Konzert:
Musique baroque de Telemann
Werke von Georg Philipp Telemann,
aufgeführt in historischer Aufführungspraxis
vom Wolfgang Bauer Consort
am 16. Mai 2009
Georg Philipp Telemann (1681-1767):
Konzert in D-Dur für Trompete, 2 Violinen & B.C. [4:28]
Solisten: Wolfgang Bauer (Trompete), Petra Müllejans & Dietlind Mayer (Violine)
7. I. Adagio [1:25] ~ 8. II. Allegro [1:56]
Georg Philipp Telemann (1681-1767):
Concerto a 3 Clarin, Tympani, 2 Violin, Viola e Cembalo
9. II. Allegro [2:25] ~ 10. IV. Presto [1:24]
Georg Philipp Telemann (1681-1767):
Trompetenkonzert Nr. 2 in D-Dur für Trompete, 2 Oboen, Fagott & B.C.
Solisten: Wolfgang Bauer (Trompete), Georg Siebert & Ingo Goritzki (Oboe)
11. II. Vivace [2:20]
Georg Philipp Telemann (1681-1767):
Sonata "Sabato" aus "Scherzi Melodichi", 1734
Solisten: Dietlind Mayer (Violine), Ludwig Hampe (Viola)
12. Nr. 1: Presto [0:52] ~ 13. Nr. 4: Vivace [0:59]
Georg Philipp Telemann (1681-1767):
Ouvertüre in D-Dur für 3 Trompeten, Pauken, 2 Oboen, Streicher & B.C.
14. II. Allegro [2:31] ~ 15. III. Largo [2:17]
Georg Friedrich Händel (1685-1759):
16. Ouvertüre aus der Suite in D-Dur [1:47]
bearbeitet von Wolfgang Bauer
Höhepunkte aus:
Oper ohne Sänger
Ein Konzert mit Instrumentalversionen von Opern-Highlights,
gespielt und ausgewählt vom Arte Ensemble:
Kathrin Rabus & Birte Paeplow (Violine)
Christian Pohl (Viola) · Ute Sommer (Violoncello)
Albert Sommer (Kontrabass) · Guido Schaefer (Klarinette)
Theodor Wiemes (Horn) · Uwe Grothaus (Fagott)
am 6. Juni 2009
Georges Bizet (1838-1875):
Carmen, WD 31
17. Akt I: Overture - Prelude [2:14]
18. Akt I: Introduction - Habanera [3:53]
19. Akt I: Seguidilla [2:03]
20. Akt IV: Prelude, "Aragonaise" [2:36]
21. Akt IV: Torerolied, "Toreador Song" [2:46]
Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791):
Don Giovanni, KV 527
22. Akt I: Notte e giorno faticar [1:22]
23. Akt I: La ci darem la mano [2:51]
24. Akt II: Mi tradi quell'alma ingrata [2:48]
Grand Piano Masters
Comme un jeux d'eau
Ein Klavierabend
mit Magdalena Müllerperth
am 4. Juli 2009
Johann Sebastian Bach (1685-1750):
Französische Suite Nr. 5 in G-Dur, BWV 816
25. I. Allemande [2:14] ~ 26. III. Sarabande [3:24]
Robert Schumann (1810-1856):
Klaviersonate Nr. 2 in G-Moll, Op. 22
27. III. Scherzo [1:45]
Frédéric Chopin (1810-1849):
28. Fantasy-Impromptu in Cis-Moll, Op. 66 [5:21]
Maurice Ravel (1875-1937):
29. Jeux d'eau [5:43]
Johann Sebastian Bach (1685-1750):
Messe in H-Moll, BWV 232
In historischer Aufführungspraxis,
aufgeführt vom Maulbronner Kammerchor
und der Hannoverschen Hofkapelle
unter der Leitung von Jürgen Budday
am 27. & 28. September 2008
30. Kyrie eleison [10:13]
Chor
31. Duet: Christe eleison [4:59]
Duett Sopran & Alt
Solisten: Joanne Lunn (Sopran) & Ursula Eittinger (Mezzo-Sopran)
32. Cum Sancto Spiritu [3:57]
Chor
33. Credo in unum Deum [1:56]
Chor
34. Et resurrexit [3:46]
Chor
35. Sanctus [5:12]
Chor
36. Dona nobis pacem [3:19]
Chor
Tonmeister: Andreas Otto Grimminger
Produktion & Mastering: Andreas Otto Grimminger & Josef-Stefan Kindler
Photography: Josef-Stefan Kindler
Artwork & Coverdesign: Josef-Stefan Kindler
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